Die fremde Welt der Angelei in Halle 3
Als Frau ohne Anglerlatein auf der Hanseboot

„Man kann mit dem Köder Gassi gehen“, sagt Jörg Strehlow und registriert meinen fragenden Blick.
Der Angelprofi lehnt freudig an seinem Messestand und erläutert verschiedene Fangtechniken. Hinter seinen breiten Schultern entdecke ich zahlreiche Fotos, die den blonden Naturburschen mit unterschiedlichen Fischen im Arm zeigen.
Strehlow bietet Angelkurse im Hamburger Hafen an und schwärmt von „wunderschönen und makellosen Zandern“, die man  - und natürlich auch frau – sehr erfolgreich mit der „revolutionären Faulenzertechnik“ an den Haken bekommen kann. Wenn ich ihn richtig verstehe, dann wird die Rute einfach in die Elbe gehängt, und die starke Strömung erledigt die Arbeit für den Angler, der derweil „faulenzen“ kann.
Für mich bedeutet jeder Schritt in Halle 3 das Eintauchen in eine neue Welt. Mir begegnen auffallend viele Männer, deren Lebensmitte bereits hinter ihnen liegt, und die offenbar jederzeit mit einem heftigen Schauer rechnen, da sie sich vorsorglich in grünes Regenzeug gekleidet haben. Ich gehe unbeirrt weiter! Schon werde ich von bunt schillernden Federn angelockt. Zunächst verwundert über weiblichen Ohrschmuck an diesem  männlich dominierten Ort, klärt mich der Schöpfer der Kunstwerke über die Verwendung seiner phantasievollen „Fliegen

seiner phantasievollen „Fliegen“ für 5 Euro pro Stück auf. Je nach Farbe, Struktur, Material und Größe ködern sie unterschiedliche Fische. Mit Interesse nehme ich zur Kenntnis, dass das „Aufsetzen des Köders den Zander scharf“ macht.
Wenig später halte ich das erste Mal in meinem Leben eine Angel in der Hand.
Herr Fimmen vom Royal Fishing Club erklärt mir die Angeldrillmaschine. Ich soll einen Sailfisch drillen. Per Videofilm erscheint das schöne Exemplar auf dem Monitor der Anlage. Der Fisch schwimmt in karibisch anmutendem Gewässer und scheint kein Unheil zu ahnen. Doch dann packt er sich meinen Köder, und ich bekomme Druck auf der Rute.
„Zupacken und drillen!“, rät Herr Fimmen. Reflexartig drehe ich an der Kurbel, und das Zerren des Fisches auf dem Bildschirm wird heftiger. Ich habe alle Hände voll zu tun. Der Sailfisch holt sich Leine zurück. Ich kämpfe mit ihm, gönne ihm keinen einzigen Zentimeter der mühsam eingeholten Leine. Unter Aufbringung meiner ganzen Kraft schaffe ich erneut einige Umdrehungen an der Rolle.
„Den will ich haben! Der entkommt mir nicht!“ Herr Fimmen ist höchst angetan vom Ehrgeiz einer Anfängerin, legt seine Pfeife beiseite und motiviert mich mit Fachbegriffen in plattdeutscher Mundart. Nach zwei Minuten ist der Kampf vorbei. Schaulustige versammeln sich,  Kinder wollen ihre Väter überreden, es mir gleich zu tun.

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