in der öden Heide ist das Lager aufgebaut, wo wir fern von jeder Freude hinter Stacheldraht verstaut‘. So lautet doch der Text, nicht wahr?“
„Du imponierst mir. Frag mal einen Wessi nach dem Text! Den wird dir kaum jemand vorsingen können.“
Im Laufe das Nachmittags besichtigen wir zahlreiche Scheunen, Windmühlen, Hühner-, Schweine-, Schaf- und Kuhställe, einige Werkstätten, eine Bäckerei, Landarbeiterhäuser, niederdeutsche Hallen- und Gulfhäuser, stattliche Hofanlagen und sogar eine hübsche Fachwerkkirche. Am meisten beeindrucken uns die Rauchhäuser, in denen der Qualm offener Feuerstellen uns Tränen in die Augen treibt. Hier schlägt den Besuchern das entbehrungsreiche Leben einfacher Landbewohner ungeschönt entgegen. Unwillkürlich denkt man an die harten Winter, das lange Warten aufs Frühjahr, stellt sich Fragen nach ärztlicher Versorgung und Komplikationen bei Geburten. Schließlich zeigt mein Liebster den gleichen überraschten Blick wie meine asiatische Freundin vor einigen Jahren. Sie war damals hoch erfreut über ihre Erkenntnis, dass Europäer offenbar noch in der jüngeren Vergangenheit normal große Menschen waren und in Wandschränken schliefen. Mein Sachse inspiziert die Alkoven mit Karl-Marx-Städtischer Gründlichkeit und muss sich zwangsläufig fragen, wie um Himmels Willen man sich in einem derart engen Kasten ausstrecken, schlafen und womöglich noch vergnügen sollte. Wir spekulieren, dass die Bauern es dort vielleicht wenigsten ein wenig war

Bauern es dort vielleicht wenigsten ein wenig warm hatten.
Es wird Zeit für einen Besuch im Dorfkrug, dem schönen Gasthof im Zentrum des Dorfes. Die Sonne bleibt uns treu, und wir teilen uns die Terrasse mit fidelen Senioren und niederländischen Jungfamilien. Der Kellner schnackt platt, und ich übersetze. Hier wird den Gästen selbst im Sommer Grünkohl angeboten. Mit Blick auf den Dorfteich und mächtige Laubbäume genehmigen wir uns Steckrübensuppe und Butterkuchen.
Gegen Abend geht es „über Land“ nach Bremen. Üppiges Grün, Schwarzbunte auf Wiesen, die noch durch Wassergräben ihre Begrenzungen finden, sowie der spärliche Verkehr auf den Seitenstraßen, lassen endgültig Heimatgefühle aufkommen.
Das „Übern-Graben-springen-ohne-Nassen“ gehörte zu den alltäglichen Mutproben beim Spielen.
Ich erinnere mich an ein Café am Weserdeich. Die Flutlichtmasten des Weserstadions weisen uns den Weg. Als Bremen für mich noch das Tor zur Welt darstellte, war ich häufiger hier. Das Ambiente im Café „Ambiente“ ist eindeutig durchgestylt. Lederbänke und schlichte Holztische verleihen dem halbrunden Lokal am Deich eine fein komponierte Eleganz. Der Blick schweift hinaus und trifft auf Ruderer im Abendlicht der tief stehenden Sonne. Hier hatte ich einst den Genuss eines sommerlichen Nachmittagschwipps durch gekühlten Weißwein kennen und lieben gelernt. Die Gäste scheinen zum gleichen Zeitpunkt Ähnliches erfahren zu haben.

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